Beitrag im Amtsblatt vom 4. April 2024
von Dr. Bernd Murschel
Am 22. März war der Weltwassertag. Ein besonderer Tag, auf den auch die Stadt Leonberg mit einigen Veranstaltungen aufmerksam machte. So bietet der im Jahre 1928 errichtete markante Engelbergturm eine herausragende Aussicht, ist aber ursprünglich ein wichtiger Teil der Leonberger Wasserversorgung. Damit konnte man erstmals auch höhere Stadtteile mit Trinkwasser versorgen. Mit dem Bau des Hochbehälters „Alte Reute“, am Waldrand zwischen Gebersheim und Rutesheim, wurde erst 1993 das Wassernetz vollendet. Eingeweiht wurde die „Alte Reute“ mit einem pompösen Fest durch den damaligen Oberbürgermeister Dr. Dieter Ortlieb, mit live-music im Inneren des noch leeren Hochbehälters. Eine Akustik der ganz besonderen Art, an die auch die damalige kaufmännische Geschäftsführerin der Stadtwerke und noch heute aktive „Wasserbotschafterin“ Elke Meller immer wieder erinnert.
Sauberes Trinkwasser war also gar keine Selbstverständlichkeit, wie es heute anmutet. Die eigenen Quellen und später Tiefbrunnen waren ein begrenzender Faktor für die Entwicklung der Stadt. Und auch immer wieder durch Nitratbelastung aus der landwirtschaftlichen Düngung beeinträchtigt, wie die Hofgartenquelle im Silberberg.
Leonberg gehörte dann zu den 12 Städten und Gemeinden, die als Gründungsmitglieder den Zweckverband Bodenseewasserversorgung bildeten. Ab dem 16. Oktober 1958 floss dann das Trinkwasser vom Seepumpwerk Sipplingen im freien Gefälle über 265 km bis Ludwigsburg. Das heutige Trinkwasser in Leonberg besteht also überwiegend aus Bodenseewasser mit einer geringen Beimischung eigener Quellen und Schüttungen. Der Zweckverband Bodenseewasserversorgung ist aktuell zu teuren Investitionen gezwungen. So soll eine weitere Entnahmestation die Versorgungssicherheit gewährleisten, die durch die eingewanderte Quaggamuschel gefährdet ist. Dies hat auch den Wasserpreis in Leonberg schon nach oben beeinflusst.
Zum Thema Wasser gehört natürlich die Glems. Das Flüsschen entspringt im Naturschutzgebiet Rotwildpark und durchfließt den Pfaffensee. Dieses als Bärensee bekannte Naherholungsgebiet wurde als Trinkwasserversorgung im 15. Jahrhundert für die Stadt Stuttgart angelegt. Ein Teil der Glems wurde also über den Nesenbach nach Stuttgart umgeleitet. In Leonberg hat die Glems bisher wenig Erkennbarkeit. Über Jahrzehnte stand der Hochwasserschutz im Fokus. Mit einigen Aufwertungsmaßnahmen z.B. im Glemstal zwischen Leonberg und Höfingen wird der Flusslauf wieder sichtbar. Eine Maßnahme, die wir sehr begrüßen. Ebenso wie die Aufwertung der Aue westlich vom Eltinger Sportzentrum am „Geesgarda“.
Um die Sauberkeit des Oberflächengewässers zu verbessern, sind deutliche Verbesserungen bei der Kläranlage Mittleres Glemstal im Laufe der nächsten Jahre vorzunehmen. Dies betrifft die biologische Reinigungsstufe, wie auch die Erweiterung um eine Maßnahme zur Elimination von Spurenstoffen und Arzneimitteln, sowie die Umstellung auf eine Phosphorrückgewinnung aus dem Klärschlamm.
Einen Blick wert ist auch die Gefährdung des Grundwassers durch Schadstoffeinträge. Hier schlummert noch immer die etwas in Vergangenheit geratene Altlast „Wanne“, eine im letzten Jahrhundert genutzte industrielle Auffüllung unterhalb der ehemaligen Mülldeponie. Vor allem Galvanikschlämme führen bis heute zu einer weit überhöhten Belastung des Grundwassers mit leichtflüchtigen Kohlenwasserstoffen. Ursprünglich war die Altlast Wanne ein Modellstandort für Baden-Württemberg zur Erforschung belasteter Standorte. Dafür wurden vom Land Millionen investiert. Für die Sanierung blieb dann kein Geld mehr. Bis heute bleibt es bei einer wiederkehrenden Überprüfung der Schadstoffkonzentrationen, um den natürlichen Schadstoffabbau besser zu verstehen. Zu wenig für meinen Geschmack. Der Schutz des Grundwassers sollte uns mehr wert sein. Nicht nur am Weltwassertag.
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