Günstigen Wohnraum schaffen verkommt zur Floskel

Beitrag im Amtsblatt vom 06.02.2019

von Dr. Bernd Murschel

Alle reden vom fehlenden günstigen Wohnraum und beklagen die unzureichende politische Initiative. Leonberg steht da exemplarisch für viele Städte und Gemeinden im Ballungsraum Stuttgart. Seit Jahren steigen die Preise für Eigentumswohnungen, das alleinstehende Einfamilienhaus wird unbezahlbar – obgleich genau dies der Traum vieler Menschen bleibt. In der Folge sind die Mieten diesem Preistrend gefolgt. Bauen, bauen, bauen heißt deshalb die Forderung, die man täglich in der Presse lesen kann. Nur sollte man einmal konkret auf die aktuelle Situation schauen. Es wird nämlich nicht zu wenig gebaut, sondern das Falsche! Auf dem Layherareal entsteht derzeit ein kompaktes und verdichtetes Wohngebiet direkt am Fuß der Altstadt. Vergünstigter Wohnraum ist dort allerdings nicht vorgesehen. Mutlos hat die Kommunalpolitik sich das Filetstück für wenig Geld abkaufen lassen und noch schlimmer: sie hat keinerlei Gestaltungsspielraum behalten und sich den Wünschen eines Investors untergeordnet. Im Ergebnis werden wir in Leonberg eine verdichtete Stadtmitte erhalten, die entgegen der ursprünglichen Aussagen den Blick auf die historische Altstadt versperrt. Von günstigem Wohnraum kann keine Rede sei. Dieser Geschosswohnungsbau ist nichts für Familien mit geringem Einkommen.

Leonberg hat in den vergangenen Jahren eigenen Wohnraum verkauft. Um Einnahmen zu generieren und um sich von kostenträchtigen, sanierungsbedürftigen Immobilien zu trennen. Das fällt uns nun auf die Füße. Rund 350 Menschen suchen amtlicherseits in Leonberg nach bezahlbarem Wohnraum. Die Dunkelziffer ist sicherlich noch viel höher. Denn die Frage, was bezahlbar ist, ist längst in der sogenannten Mittelschicht angekommen. Mietsuchende müssen schon mit orginellen Anzeigen werben und auf ihre Führungsposition in einem Weltunternehmen hinweisen, um Chancen auf dem Markt zu haben.

Was also tun? Wir wollen als Gemeinderatsfraktion Grüne uns für bezahlbaren Wohnraum einsetzen. Dies gelingt nur durch eine Fülle von Maßnahmen. Dabei muss der Grundsatzbeschluss, in jedem Neubaugebiet 25% bezahlbaren Wohnraum zu schaffen ein beständiger Eckpfeiler sein. Er darf nicht wie beim Beispiel Warmbronn (…..) jedesmal zur Disposition stehen. Für Investoren muss klar sein, Baurecht wird in Leonberg erst geschaffen, wenn über städtebauliche Verträge diese Rahmenbedingungen eingehalten werden. Die Wohnraumallianz auf Landesebene hat aktuell zahlreiche Optionen erarbeitet, die Landesförderung für günstigen Wohnraum hat ein bisher historisch hohes Niveau erreicht. Diese Mittel braucht auch Leonberg. Auch um über einen Bodenfond in eine Bodenbevoratungspolitik eine nachhaltige Stadtentwicklung einzusteigen. Die Bereitsstellung von günstigem Wohnraum muss zukünftig zu einer kommunalen Aufgabe gehören. Eine moderate Zeilenbebauung an der Berliner Straße unterstützen wir. Dort kann in der Stadtmitte vergünstigter Wohnraum realisiert werden, auch durch innovative Wohnformen z.B. In Holzbauweise. Für ungeeignet halten wir aus ökologischen Gründen eine Bebauung am Engelbergnordhang im Bereich des Unteren Schützenrain. Zumal die Erschließung mit hohen Ausgleichsmaßnahmen verbunden wäre und durch die notwendigen Investitionen nur eine sehr teure Bebauung zulassen würde.

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Dr. Bernd Murschel, Fraktionsvorsitzender GRÜNE im Gemeinderat Leonberg; 30.01.2019

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