Gibt es eine Radkultur in Leonberg?

Beitrag im Amtsblatt vom 11.11.2020

von R. Sebastian Werbke

Leonberg ist Gründungsmitglied der „Arbeitsgemeinschaft Fahrrad- (und Fußgängerfreundlicher) Kommunen“ (AGFK e. V.). Seit 2010 gibt es die AGFK. Es ist jetzt aber nicht Inhalt dieses Beitrags, auf die letzten zehn Jahre zurückzublicken. Wir wollen lediglich das Jahr 2020 betrachten. Was wurde in diesem Jahr in Leonberg für den klimafreundlichen Radverkehr umgesetzt?

Im Mai wurde nach einigen Verzögerungen ein schickes neues Fahrrad-Parkhaus in Ergänzung zum großen Auto-Parkhaus am S-Bahnhof Leonberg eröffnet. Leider hat dies mitten in der ersten Corona-Welle wohl kaum jemand mitbekommen. Außerdem haben viele Pendler*innen ihr Mobilitätsverhalten verändert: Sie nutzen seltener die S-Bahn, sondern fahren stattdessen direkt mit dem Rad zur Arbeit, falls sie nicht von zu Hause aus arbeiten können. Es besteht also für Sie noch die Möglichkeit, für lediglich 70€ für ein ganzes Jahr einen sicheren Abstellplatz am Bahnhof zu buchen. Oder man probiert es mal für 1€ für einen Tag aus. ( www.bikeandridebox.de )

Die Grünen hatten bei den letzten Haushaltsberatungen beantragt, dass am S-Bahnhof Silberberg/Rutesheim gemeinsam mit der Nachbargemeinde zusätzliche überdachte Radabstellplätze geschaffen werden. Dieses Projekt konnte im Sommer erfolgreich abgeschlossen werden.

Am Leo-Bad wurden rechtzeitig zur Wiedereröffnung des Freibades auf unser Drängen hin alte, teilweise nicht mehr nutzbare „Speichenkiller“ gegen massive Bügel ausgetauscht, an denen Fahrräder sicher und stabil angeschlossen werden können.

Damit könnte dieser Rückblick auf das Fahrradjahr enden.

Vor lauter Projekten zum Thema Mobilität blieb im Rathaus leider keine Zeit, dafür Sorge zu tragen, dass an besonders kritischen Orten in der Stadt mit etwas Farbe auf der Straße Orientierung und Sicherheit für die schwächeren Verkehrsteilnehmer geschaffen wurde: An einem Hauptschulweg, der Kreuzung Römer-/ Stohrer-/Gerhard-Hauptmann-Straße scheint es nicht möglich zu sein, für die Schüler*innen eine sichere Wegeführung zu schaffen. Am überörtlichen Glemsmühlenradweg –  wichtig sowohl touristisch aber auch für die zunehmende Zahl der Radpendler*innen – sind unverändert sowohl die Kreuzungssituation Mühl-/ Rutesheimerstraße als auch Römer-/ Gebersheimerstraße völlig unbefriedigend.

Die ebenfalls für Pendler*innen wichtige Verbindung zwischen Ditzingen und Leonberg scheint zu ruhen. Maßgebliche Stellen im Rathaus haben hier über Jahre hinweg ihr Desinteresse dokumentiert und nehmen die alltägliche Gefährdung der Radler*innen in Kauf.

Ob ein weiterer Haushaltsantrag der Fraktion Grüne umgesetzt wird, beim Umbau des „Playmobilkreisels“ (Stuttgarter Straße zwischen dem Ramtel und Gerlingen) eine sachgerechte Anbindung an die überörtlichen Radnetze zu gewährleisten, kann von der Stadtverwaltung nicht eindeutig beantwortet werden.

RegioRad-Stationen am Kino „Traumpalast“ und an der Jahnstraße sollen die Vernetzung in der Stadt aber auch der Region fördern. Dazu hatte unsere Fraktion ergänzend den Antrag gestellt, eine sichere Anbindung des Kinos für Radler*innen umzusetzen. Noch ist von der Umsetzung nichts zu erkennen. Unser Antrag auf eine weitere RegioRad-Station im Gewerbegebiet Leo-West scheint ebenfalls in irgendwelchen Schubladen verschwunden zu sein. Derzeit werden solche Stationen vom Regionalverband gefördert. Vielleicht beschleunigt dies jetzt das Verfahren im Rathaus.

Immerhin: Die vier seit etwa einem Jahr eingelagerten Fahrradboxen, die am S-Bahnhof Leonberg nicht mehr gebraucht wurden, sollen in absehbarer Zeit in Höfingen aufgebaut werden. Auch dies war ein grüner Antrag, dieses Mal im Ortschaftsrat Höfingen.

Vor kurzem fand in Leonberg wieder das Stadtradeln statt. In diesem Jahr waren so viele Teilnehmer*innen aktiv wie in keinem der Vorjahre. Ein Zeichen dafür, dass auch in unserer Stadt das Interesse am Radfahren zunimmt. Die Bürger*innen aller Altersgruppen radelten nicht nur für ein gutes Klima (so das Motto beim Stadtradeln), sondern auch, weil sie erleben, dass die meisten Wege zwischen Engelberg und Glems am besten und schnellsten mit einem Zweirad zu schaffen sind.

Noch bis Ende November kann Jede/r am bundesweiten, vom Bundesverkehrsministerium geförderten Fahrradklima-Test teilnehmen und die Situation rund ums Radfahren bewerten. In wenigen Minuten haben Sie die Möglichkeit, Gemeinderat und Stadtverwaltung deutlich zu machen, in welchen Bereichen die Radkultur in Leonberg optimiert werden sollte. Der Fragebogen kann online ausgefüllt werden unter  www.fahrradklima-test.de
Die Fraktion Grüne wird sich auch weiterhin im Gemeinderat dafür einsetzen, dass Leonberg das Ziel erreicht, eine tatsächlich Fahrrad-freundliche Kommune zu werden. Dabei werden dann zugleich sichere Wege und Bereiche geschaffen, die den Fußgänger*innen vorbehalten sind. rsw

 

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