Beitrag im Amtsblatt am 11.09.2019
von Gudrun Sach und Sebastian Werbke
Temperaturen knapp unter 40 Grad, Dürreperioden einerseits und Starkregen andererseits – die Wetterextreme der vergangenen Sommer zeigen uns, dass auch Leonberg vom Klimawandel nicht verschont bleibt.
Die Beschlüsse der internationalen Klima-Konferenzen versickern so folgenlos, dass nicht nur den Jugendlichen von „Fridays for Future“ klar ist: Wir haben nicht mehr viel Zeit, wir müssen zwar weltweit denken, aber lokal handeln! Jetzt! Dafür werden – über alle Altersgrenzen hinweg – rund um den Globus am 20. September große Demonstrationen stattfinden, auch in Stuttgart vor dem Rathaus.
Und wie soll das gehen mit dem Handeln vor Ort?
1. Indem wir uns im Gemeinderat darüber verständigen, dass Leonberg nicht immer noch größer werden muss. Natürlich gibt es an einem Autobahn-Dreieck stets Nachfrage nach Gewerbeflächen, aber die ziehen eine Nachfrage nach mehr Wohnungen nach sich und die wiederum führen zu noch mehr Verkehr – ein Teufelskreis. Was ist eigentlich der Vorteil, wenn Leonberg noch mehr wächst? Schafft das nicht mehr Probleme, als mit etwas mehr Gewerbesteuer gelöst werden können?
2. Noch konsequenter muss gelten: „Innen vor außen“. Also durchaus Wohnungen auf einen Supermarkt oder eine neue Kita bauen, aber auf gar keinen Fall das Gewerbegebiet in das Landschaftsschutzgebiet Riedwiesen ausdehnen! Frischluftschneisen wie an der Glems und ökologisch hochwertige Gebiete wie am Unteren Schützenrain müssen bewahrt werden.Damit im Verwaltungsverfahren der Klimaschutz Vorrang bekommt, werden die Grünen in zehn Tagen auf ihrem Landesparteitag in Sindelfingen den Leitantrag diskutieren, dass alle Planungen und Baumaßnahmen auf ihre Klimaverträglichkeit hin zu prüfen sind. Das sollten wir doch vor Ort umsetzen.
3. Man muss auch bei der Innenverdichtung an das Mikroklima denken. Sind Sie schon einmal an einem heißen Sommertag über den Platz vor dem neuen Rathaus gegangen? Der niedliche Brunnen ist da ein schwacher Trost… Beim Postareal z.B. darf die Neubebauung nicht bis an die Eltinger Straße reichen, hier müssen die alten Kastanien erhalten bleiben.
4. Gerade weil uns der Autoverkehr so viele Sorgen bereitet, muss sich Leonberg intensiv Gedanken über alternative Mobilität machen. Das Prädikat „Fahrradfreundliche Stadt“ muss jetzt endlich konsequent erarbeitet werden. Vom neuen Post-Areal wird ein „Brückenschlag“ die Verbindung zur Altstadt herstellen, für Fußgänger bestimmt attraktiv. Es ist allerdings sehr wichtig, dass diese Verbindung zwischen neuer und alter Stadtmitte auch für Fahrradfahrer benutzbar ist, ohne in Konflikte mit Fußgängern zu kommen. Ein anderes Beispiel: Wann endlich bekommt die Brennerstraße, die ja nun wahrlich breit genug ist, einen Radfahrstreifen? RadL arbeitet seit Jahren daran, dass unser Radwegekonzept umgesetzt wird. Im Mai haben Jugendliche in ihrer 72-Stunden-Aktion auf die mangelhafte Rad-Infrastruktur hingewiesen – vielleicht hilft ja dieser Weckruf endlich.
5. Das neue Grünflächenkonzept der Stadt geht in die richtige Richtung: Weg von ständig neu bepflanzten Schaubeeten, hin zu insektenfreundlichen mehrjährigen Blütenwiesen und Stauden auf öffentlichen Flächen. Neben den Straßen und besonders auf der alten Autobahntrasse gibt es noch viele Möglichkeiten dafür, mitten in der Stadt. Hierbei ist besonders wichtig, dass die Stadt die Ehrenamtlichen von NABU, BUND und Schlammbrüdern unterstützt, denn Klimaschutz kann nur funktionieren, wenn alle zusammenarbeiten. Deshalb hat sich die Lokale Agenda 21 für zwei Jahre „Klimaschutz in Leonberg – umdenken und handeln!“ auf ihre Fahnen geschrieben, und Leonberg wird an dem Wettbewerb „Baden-Württemberg blüht“ teilnehmen.
6. Aber auch ganz individuell lässt sich etwas für das Mikroklima tun und wird auch schon getan: Jede/r kann regional, saisonal und verpackungsarm einkaufen. Es gibt Blühpatenschaften einzelner Bürgerinnen und Bürger für das „Straßenbegleitgrün“ vor ihrem Haus und auch für die Balkonbepflanzung fragen immer mehr Leute nach insektenfreundlichen Pflanzen. Erfreulicherweise sieht man in Leonberg eher wenige „Gärten des Grauens“ aus Schotter, Kies und Glyphosat. Die meisten Gärten und Balkone machen den Bienen ein Nahrungsangebot.
Und vielleicht mögen Sie ja auch das Volksbegehren „Rettet die Bienen!“ unterschreiben, für das in diesen Wochen Stimmen gesammelt werden. Darin stehen alte grüne Forderungen wie Reduzierung der Pestizide, Artenschutz und ein größerer Anteil von Bio-Landwirtschaft. Natürlich sind nicht alle diese Forderungen sofort umsetzbar und nicht auf alles hat die Politik direkt Einfluss, aber die Richtung ist klar. Vor Ort! Jetzt!
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