Beitrag im Amtsblatt vom 9. April 2025

„Einsteigen, bitte! On-Demand-Verkehr als Chance für Leonberg“

von Dr. Daniel Belling

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

wann sind Sie das letzte Mal mit dem Bus gefahren? Wenn Sie nicht gerade zur Gruppe derer gehören, die weder Führerschein noch Auto besitzen oder unter der Woche mit dem Nahverkehr zur Arbeit fährt, dürfte das wahrscheinlich schon eine Weile zurückliegen. Dabei bietet der öffentliche Verkehr viele Vorteile, vor allem ist er deutlich günstiger als der Unterhalt eines Autos, nicht erst seit der Einführung des Deutschlandtickets.

Die Kehrseite ist dagegen, dass man sich nach Abfahrtszeiten richten und Umstiege bis zum Ziel in Kauf nehmen muss. Es hat auch nicht jeder eine gut erreichbare Bushaltestelle in seiner Nähe. Auch wenn das eigene Auto zwar im Schnitt 23 Stunden pro Tag unbewegt bleibt, ist es doch verfügbar, wenn man es braucht, und bietet einen gewissen Komfort – immer vorausgesetzt, man steht nicht im Stau.

Was aus Sicht des Einzelnen nachvollziehbar erscheint, ist für die Stadtgesellschaft insgesamt eine echte Herausforderung. Die Menge an Privatfahrzeugen, die sich täglich durch die Betonschluchten der einstmals als autogerecht konzipierten Stadt schieben, macht den Menschen vor Ort zu schaffen. Das hat Folgen für unser Wohlbefinden, die Verkehrssicherheit und die Lebensqualität in Leonberg.

In Städten, in denen ein zuverlässiges Angebot an Bus und Bahn mit einem regelmäßigen Takt fehlt, steigen die Menschen ins Auto – zumindest diejenigen, die es können. Ein gut ausgebauter Nahverkehr kann hier für Entlastung sorgen, das haben uns andere Städte bereits vorgemacht. Dafür braucht es ein zeitgemäßes Angebot, das die Hürden des klassischen Nahverkehrs überwinden kann.

Das Rad muss dafür nicht neu erfunden werden. Das Schlüsselwort heißt „On Demand“, ein Verkehrsangebot auf Abruf, das immer dann verfügbar ist, wenn man es braucht. Das ist ähnlich, wie wir es bereits in anderen Bereichen wie Mediatheken, Streamingdiensten oder bei Lieferdiensten kennen.

Wie ein solches System funktioniert, zeigt der „VVS-Rider“, der bereits in Renningen und Rutesheim unterwegs ist: Kleinbusse können anhand einer App oder telefonisch an eine der rund 1.500 in einer Karte hinterlegten Adressen im Straßennetz (sog. „virtuelle Haltestellen“) bestellt werden. Der Kleinbus bringt den Reisenden dann zu der gewünschten anderen Adresse. Im Gegensatz zu einem Taxi werden auch weitere Buchungen aufgenommen und die Fahrtstrecken so gelegt, dass andere Mitreisende zu- und aussteigen können. Außerdem ist das Angebot Bestandteil des VVS-Tarifs, es kann also auch mit einem Zeitticket ohne Aufpreis genutzt werden.

Der bestehende „VVS-Rider“ fokussiert sich allerdings bislang noch auf Randzeiten und den Freizeitverkehr. Ein umfangreicheres Angebot wäre in Leonberg besonders für jene Gegenden interessant, die von Bussen nie oder nur selten bedient werden. Man denke an den Sportplatz in Gebersheim, Wohngebiete wie in der Gartenstadt, an den Ortsausgängen von Höfingen oder an das Haldengebiet, welches mit dem Wegfall der Linie 643 im nächsten Jahr nicht mehr direkt angefahren wird. Auch für den Steilhang am Höfinger Bahnhof oder den Transfer zum Krankenhaus wäre ein solches „Glemstal-Shuttle“ eine willkommene Art des Fortkommens, gerade für Senioren.

Als Grüne Fraktion im Gemeinderat unterstützen wir ausdrücklich die Einrichtung von On-Demand-Angeboten. Die vielen Vorteile im Vergleich zum klassischen Busverkehr steigern die Attraktivität des Nahverkehrs in unserer Stadt. Besonders aber fördert es die Teilhabe in einer alternden Gesellschaft. Ob das Angebot finanziell tragbar ist oder zur Konkurrenz für den klassischen Linienverkehr wird, liegt letztlich an der Ausgestaltung dieses Angebots. Wir wären bereit, wegweisende Mobilitätskonzepte wie dieses für die Stadt mitzutragen.

Leonberg ist bekanntermaßen kein Eldorado des Nahverkehrs. Wir sind in Sachen nachhaltige Mobilität aber auf einem guten Weg, auch dank der wertvollen Vorarbeit seitens der Stadtverwaltung. Das Etikett der „autogerechten Stadt“, welches Leonberg seit den 70er Jahren anhaftet, beginnt sich allmählich zu lösen – es wird höchste Zeit!

 

Dr. Daniel Belling
Fraktion GRÜNE

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