Beitrag im Amtsblatt vom 4.7.2018
von Dr. Bernd Murschel
So richtig vorangehen will es beim Breitbandausbau in Leonberg nicht. In eigener Regie konnten und wollten die Stadt und der Gemeinderat den teuren Glasfaserausbau nicht realisieren. Förderprogramme des Bundes und des Landes scheiterten an einem Masterplan, der die sogenannte wirtschaftliche Deckungslücke aufzeigen kann. Das letzte große vom Land geförderte Projekt war der Aufbau eines Glasfasernetzes als Lückenschluss über das Gewerbegebiet Hertich nach Warmbronn. Dafür gab es einen Landeszuschuss von rund 422.000 Euro. Bei der Anzahl unterversorgter Haushalte liegt Leonberg mit 16,1 Prozent deutlich über dem der vergleichbaren Städte im Landkreis Böblingen (Böblingen 6,9%, Sindelfingen 4,6%, Herrenberg 6,5%).
Der Landkreis Böblingen plant in eigener Regie ein landkreisweites Backbone-Netz für sich und seine 26 kreisangehörigen Städte und Gemeinden. Die Bewilligung und Förderung für die Planung erfolgte im September 2016.
Der Leonberger Gemeinderat hat aktuell den Weg für eine flächendeckende Untersuchung und die Erstellung eines Masterplans frei gemacht. Dazu wurden die bisher im Haushalt gesperrten Mittel freigegeben. Auch die rege Bürgerinitiative „Glasfaser für Leonberg“ bringt Bewegung in die festgefahrene Diskussion. Noch im Juli soll es einen Diskussionsabend mit den betroffenen Bundes- und Landtagsabgeordneten geben.
Nun überschlagen sich die Ereignisse und die „Gigabit-Allianz schlägt zu“: für 1,6 Milliarden Euro soll binnen 12 Jahren das Glasfasernetz der Region Stuttgart flächendeckend ausgebaut werden. Das hat die Region Stuttgart und die Deutsche Telekom in diesen Tagen vereinbart. Den Großteil von 1,1 Milliarden Euro wird die Telekom übernehmen, 500 Millionen Euro in Form von Geld- und Sachleistungen sollen aus der Region kommen. Im Endausbau werden dann 90% aller Haushalte einen Gigabitanschluss haben. Im Vergleich: derzeit besitzen weniger als 1% der Haushalte in der Region Zugang zu dem superschnellen Netz. Bemerkenswert ist hierbei der Umstand, dass der magentafarbene Konzern bisher als Zukunftsbremse auftrat, indem er auf die Übergangstechnologie (Super-)Vectoring setzte. Dabei wird das Glasfaserkabel bis zum Kabelverteiler gelegt, die letzte Meile bis zum Gebäude aber weiterhin über die langsamen Kupferkabel zurückgelegt. Die Vorteile für die Telekom wurden damit zum Nachteil der Verbraucher, für die ein schnelles Breitband in weite Ferne rückte.
Die Leonberger Ausbaupläne beim Breitband müssen Fahrt aufnehmen. Und gerade vor dem Hintergrund, dass jetzt die Region, der Landkreis und andere Anbieter sich für das schnelle Internet einsetzen, ist es gut, wenn die Stadt die Herrin des Verfahrens ist. Die Zukunft braucht ein offenes Netz, das ohne Diskriminierung von allen Anbietern genutzt werden kann. Vielfalt statt Monopol gilt auch und vor allem im Bereich der Digitalisierung.
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